Page 54 - Costa Live Magazine
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CON:TEXTOS
Weihnachten steht vor der Tür
und damit die große Suche nach dem richtigen Geschenk. Nicht beson- ders originell, aber trotzdem gern ge- sehen sind – Bücher. Leser jedoch sind oft anspruchsvolle Menschen, die sich nicht über jeden beliebigen Bestseller freuen. Natürlich kann man immer zu den Klassikern greifen, aber wer Stilsi- cherheit und eigenen Geschmack be- weisen will, traut sich unter den Neuerscheinungen der letzten Jahre nach versteckten Kleinoden zu suchen. Tut man dies in einer spanischen Buch- handlung, wird man nicht lange brau- chen, um auf den Namen von Mario Vargas Llosa zu stoßen. 1936 in Peru geboren, Schriftsteller und Politiker, Weltbürger und kritischer Denker, hat Vargas Llosa sich in der Welt der Poli- tik nicht nur Freunde gemacht (wie
könnte es anders sein?), jedoch einen
zu einer glühenden Kämpferin für die Rechte der Frauen und Arbeiter. In meh- reren Büchern verarbeitete sie ihre Er- fahrungen und entwarf eine Vision für eine solidarische und gerechte Gesell- schaft, an deren Verbreitung sie uner- müdlich arbeitete und schließlich gar vor Erschöpfung starb. Paul Gauguin (1848-1903), ein Enkel Flora Tristáns, entfloh dagegen schon früh den Zwän- gen der Gesellschaft, indem er auf einem Handelsschiff anheuerte und erst nach einer halben Weltreise in das bourgeoise Leben eines Börsenmaklers zurückkehrte. Einige Jahre danach kehrte er diesem jedoch erneut Rücken, dieses Mal zu Gunsten seiner spät ent- deckten Leidenschaft: der Malerei. Im ländlichen Frankreich, auf den Inseln der Südsee und auf seinen Leinwänden suchte er nach dem verlorenen Paradies der nicht durch das moderne Leben kor- rumpierten Gesellschaften, die in Frei- heit ihre natürlichen Triebe ausleben.
eindeutig vom Individualismus bestimmt waren, der mit steigendem Wohlstand zunehmend mächtiger wurde. Die Soli- darität hingegen, seit jeher Teil christli- chen Selbstverständnisses, wurde in Zeiten zockender Eliten und verarmen- der Unterschichten zynisch als Gut- menschentum verlacht. Im Angesicht von Wirtschaftskrise, sozialem Un- gleichgewicht und Klimawandel sollte es diese Weihnacht nicht nur von den Kanzeln schallen: wenn wir diese bei- den Werte auf die Waagschale wer- fen, sollten wir besser noch zu unseren Lebzeiten zu einem neuen Gleichge- wicht zurückfinden.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Aussuchen der Geschenke und ein frohes Fest!
the major writers still alive. A wonderful Christmas present would be his novel “The way to paradise”, original title “El Paraíso en la otra esquina“.
The two protagonists of the story – Flora
Tristán and Paul Gauguin – are closely
connected to the historical personalities
of the same name. Flora Tristán (1803-
1844), descendant of Peruvian nobility,
was born into poverty at France and did
not only experience the affliction of the
exploited and oppressed weak gender
in her own biography during the outset
of the industrial revolution. Travelling
through England, Peru and France she
explored the bottom milieu of the society
and advanced into a fervid revolutio-
nary for the rights of womankind and la-
bour. In several books she dealt with her
experiences and formulated a vision of
a solidary and fair community, whose
circulation she worked on unresting until
she died of exhaustion. Paul Gauguin
(1848-1903), grandson of Flora Tristán,
.de)
.uk)
Christmas stands right ahead the door and with it the big search for
unumstrittenen Platz in den vordersten
Reihen der größten noch lebenden
weiter ist ein alter Mann gerade mit einem frischen Baguette auf dem
company high up in the Pyrenees produces high quality cotton and  ax
Schriftsteller erschrieben. Ein wunder- Ebenso wenig wie Flora Tristán sollte er Weg nach Hause. Die engen und meist steilen Gassen der Bergdörfer
bares Weihnachtsgeschenk wäre sein jedoch sein Paradies zu Lebzeiten fin- sind mit einem Mantel der Ruhe und Gelassenheit bedeckt. Die Häuser
2003 erschienener Roman „Das Para- den und verstarb halb blind und schwer aus Naturstein schmiegen sich an die Hänge der Berge an und schaffen
ediinees iastnagnedneershwmoe“, ibmeOhürtiegindael „AEltmPao- sphkärarnek. am anderen Ende der Welt.
Graeísroaednelanotcraheresqcuhintzae“.itig kommen wWir neiahncahcShtaenin,ts-eLalbusrtenint-Fdeest-tCagervdoannVsi-.
Es ist kurz vor 12 Uhr und wir werden noch schnell in den Verkaufsraum Die zwei Protagonisten der Geschichte sion und Heilversprechen, ist ein guter
von „Les Toiles Du Soleil“ gelassen bevor deren Mittagspause beginnt. – Flora Tristán und Paul Gauguin – sind Anlass, sich näher mit diesen beiden
the right gift. Not especially original but in contrast, early escaped from social
Das traditionelle katalanische Unternehmen hoch oben in den Pyrenäen eng an die historischen Persönlichkei- Persönlichkeiten zu beschäftigen – ste-
l o e s f s t e t o x t s i a l e y s t . h a A t n y o e u x c t e a n n s a i v l we a s y p s e g n r a d b i n f g o r s p r e s t e o c l k a b t r e o r k , e w r . e S e s v i e t r b a a l y c e k a r i s n l a t h t e e r h c e a a r g a a n i n d
tchoenctliansuseic,obuur tjowuhronewy.ants to prove a turned his back onto that, this time in fa-
rTehliaebnleasrreonwsesotfresteylteleaandspuerssopnaslttathsetevillages of Le Tech and Prats-de-Mollo- vour of his late discovered passion:
stellt seit Ende des 19. Jahrhunderts hochwertige Stoffe aus Baumwolle ten gleichen Namens angelegt. Flora hen sie doch für ganz und gar gegen-
has the heart to search for the hidden painting. In rural France, on the island of
und Flachs her. Wir be nden uns nicht nur in der letzten Textilmanufaktur
they drive by the horses from mountain pastures down to the valley every
Tristán (1803-1844), Nachkomme pe- sätzliche Paradiese, eines verloren in
blications of the last years. Performing arched for the lost paradise of a society
des Dorfes, sondern auch im Stoffparadies. In allen erdenklichen Farben
autumn, there is a small country hotel. There we eat delicious fresh trouts.
ruanischer Adliger, wurde in Frankreich der Vergangenheit, das andere in der
this way at a Spanish bookshop, you living out their natural instincts and not
werden die gestreiften Stoffe hier zu Kissen, Servietten, Schürzen und
After this unique taste experience, we head towards Molló. In the centre
in die Armut geboren und erlebte nicht Zukunft. Trotzdem sind beide von Wer-
will not need long to come across the being corrupted by modern life. Just as
noch vielem mehr verarbeitet. Wer lieber selbst kreativ werden möchte,
you can  nd an incredibly big Romanesque church, compared to the size
nur in ihrer persönlichen Biographie das ten bestimmt, die sich sehr gegenwärtig kann sich die Meterware oder Stoffreste mit nach Hause nehmen. Einen
name of Mario Vargas Llosa. Born in Flora Tristán he never found his paradise
ElendderAusgebeutetenunddesrecht- annehmen: von Solidarität auf der ausgiebigen Farb- und Kaufrausch später sitzen wir wieder im Auto und
Peru in 1936, being author and politi- in lifetime and died half blind and criti-
losen schwachen Geschlechts in den setzen unsere Reise fort.
Anfangszeiten der Industriellen Revolu- tion. Auf Reisen durch England, Peru und Frankreich erkundete sie die unter- sten Milieus der Gesellschaft und wurde
einen Seite und Individualismus auf der anderen. Nutzen wir die Zeit der Be- sinnung und denken über unsere heu- tige Gesellschaft nach, dann stellt man schnell fest, dass die letzten Jahrzehnte
cian, cosmopolitan and critical thinker, cally ill at the back of beyond.
textiles. We not only  nd ourselves in the village’s last textile manufactory,
seen with good grace are – books. Ho- bondages signing on a merchant ship,
but also in a textile paradise. They use the colourfully striped materials
wever, readers are often demanding only returning after a half around the
to manufacture pillowcases, napkins, cooking aprons and much more. a I f n y d o n u o l t i k e e x i t s e e d w f o i r n a g n y y o b u e r s s t s e e l f l l , e y r . o N u e c e a d - n a l ws o o r t l a d k e t r i p h o i n m t o e t p h e i e b c o e u g r g o e o o d i s s l i o f e r r o e f s a t s
la-Preste back to Espinavell in Spain. The houses there seem to stick to the
mountains as they are built on top of each other. Down at the river, where
pieces of jewellry among the new pu- the South Seas and on his canvas he se-
of the village. We are winding up our way through the mountains, cross
various times the river Ter and  nally get to Camprodon. Especially the
arch bridge “Pont Nou“, connecting both banks like a wooden brick, is
Vargas Llosa did not only make friends in the political world (how could it be different?) but wrote himself in an indis- putible position upon the front ranks of
Christmas, a festive day full of visions and promises of salvation, holds a good occasion to engage closely with these personalities – standing for well and truly
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